Tunesische Delegation an nachhaltiger Abfall- und Kreislaufwirtschaft aus Mecklenburg-Vorpommern interessiert

Rudolph: Große Herausforderungen bei der Initiierung einer umweltgerechten Abfallbehandlung – Wissenstransfer aus Mecklenburg-Vorpommern nach Nordafrika

05.07.2018

Vertreter aus Politik und Wirtschaft aus dem nordafrikanischen Land Tunesien haben sich am Donnerstag im Wirtschaftsministerium über nachhaltige Abfall- und Kreislaufwirtschaft sowie die Errichtung mechanisch-biologischer Abfallbehandlungsanlagen informiert. „Tunesien steht vor großen Herausforderungen bei der Initiierung einer umweltgerechten Abfallbehandlung. Aber genau das ist der richtige Weg, denn die Entwicklung der Abfallwirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft ist mit vielen Effekten verbunden. Von der Ressourcenschonung über die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze entstehen über mechanisch-biologische Abfallbehandlungskonzepte positive Auswirkungen auf die Wirtschaftsstruktur und -leistung einer ganzen Region. Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern stehen bei der Umsetzung gern bereit und tragen zu einem effektiven Wissenstransfer zum Wohle der Bevölkerung in Tunesien bei“, sagte der Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Dr. Stefan Rudolph beim Empfang der Delegation.

 

Potential für die Errichtung mechanisch-biologischer Abfallbehandlungsanlagen

Tunesien mit seinen etwa elf Millionen Einwohnern produziert gegenwärtig etwa 2,5 Millionen Tonnen Haushaltsabfälle pro Jahr; für die Ballungsräume wird eine jährliche Steigerung um rund drei Prozent prognostiziert. Der Großteil der tunesischen Siedlungsabfälle wird derzeit unbehandelt deponiert, so bleibt das in den Abfällen enthaltene stoffliche und energetische Verwertungspotential weitestgehend ungenutzt. „Derzeit werden Haushaltsabfälle in Tunesien kaum behandelt. Hier ist Potential. Der Fokus liegt dabei auf der Errichtung mechanisch-biologischer Abfallbehandlungsanlagen nach Vorbildern aus unserem Land, um eine möglichst nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Dabei stehen hochqualifizierte Fachleute aus Mecklenburg-Vorpommern den Tunesiern zur Seite“, sagte Rudolph.

 

Drei Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern unterstützten Tunesien – Ziel ist die Entwicklung einer Stoffstrom-, Energie- und Ressourcenwirtschaft

Mit der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG – ein Tochterunternehmen der Kreditanstalt für Wiederaufbau) wird seit diesem Jahr ein Projekt umgesetzt, das zur Realisierung eines nachhaltigen und ressourcenschonenden Abfallwirtschaftssystems in Tunesien beitragen soll. Das Ingenieurbüro BN Umwelt GmbH (BNU) aus Rostock unter der Leitung des Geschäftsführers Frank Zörner realisiert das Vorhaben mit zwei weiteren Partnern aus Mecklenburg-Vorpommern. Dabei handelt es sich um die Ostmecklenburgisch-Vorpommersche Verwertungs- und Deponie GmbH (OVVD) aus Rosenow (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte), die unter anderem Workshops und Praktika für die tunesischen Partner anbieten wird. Zweiter Partner ist die Envero GmbH aus Rostock. Das Unternehmen ist aus dem Lehrstuhl für Abfall- und Stoffstromwirtschaft der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock hervorgegangen und im Bereich Abfallwirtschaft, Energie und Umwelttechnik vor allem im arabischen Raum (unter anderem Syrien, Tunesien, Kuwait, Jordanien und Ägypten) sowie der Volksrepublik China aktiv. Im Rahmen des Projektes wird die Envero insbesondere die Akquise von Projektpartnern in Tunesien und die Kooperation mit der staatlichen tunesischen Abfallbehörde übernehmen. „Ziel ist es, die Abfall- und Kreislaufwirtschaft in Tunesien zu einer Stoffstrom-, Energie- und Ressourcenwirtschaft zu entwickeln“, hob Rudolph hervor.

 

Informations- und Besichtigungstour durch Mecklenburg-Vorpommern

Die tunesische Delegation informierte sich auf der insgesamt neuntägigen Reise unter anderem bei der Ostmecklenburgisch-Vorpommerschen Verwertungs- und Deponie GmbH (OVVD) in Rosenow (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte), der Stadtentsorgung Rostock GmbH und dem Abfallwirtschaftszentrum des Entsorgungs- und Verkehrsbetriebes der Hansestadt Wismar über Trennungs- und Verwertungskonzepte von Abfällen. In Mecklenburg-Vorpommern liegt das Aufkommen an Haushaltsabfällen bei etwas mehr als 700.000 Tonnen Abfall pro Jahr; davon sind ca. 300.000 Tonnen Verwertungsabfälle. Für die Entsorgung der Abfälle stehen eine Vielzahl von Anlagen zur Verfügung: 18 Umschlagstationen, 25 Sortieranlagen, 43 Recyclinganlagen, 154 Bauabfallaufbereitungsanlagen, 37 Kompostierungs- und Vergärungsanlagen, 12 chemisch-physikalisch-biologische Behandlungsanlagen, vier mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlagen, elf Verbrennungsanlagen mit Energie- und teilweise Wärmenutzung sowie sechs Deponien. Durch die Vorsortierung von Abfällen in mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen konnte in der Vergangenheit die deponierte Abfallmenge stark reduziert werden. Von den ca. 400.000 Tonnen Haushaltsabfällen gelangen nach der Sortierung und biologischen Behandlung nur noch 36 Prozent auf eine Deponie.